Motordoping bei Cancellara?

Motordoping bei Cancellara?

Momentan tobt wieder die Diskussion, ob Fabien Cancellara bei seinen deutlichen Siegen in Flandern und Roubaix 2010 einen versteckten Motor genutzt hat. Auslöser der neuerlichen Diskussion ist Phil Gaimons Buch Draft Animals, in dem er diese These vertritt. Mittlerweile sind die Anwälte damit befasst. Nachverfolgen lässt sich dies auf Cyclingtips. Stichhaltige Belege konnte allerdings noch niemand vorbringen. Wir werfen einen Blick auf die vorgebrachten Argumente und versuchen zu klären, ob sie plausibel sind.

Wer im Netz stöbert, findet zu Cancellaras Motordoping ähnlich viele Meinungen wie zum Moon Hoax mit oft ähnlich seltsamen Ansichten. Dass es 2010 technisch nicht ganz trivial war, einen Motor samt Akku im Rad zu verstauen und dass die Motorunterstützung deutlich hörbar wäre, wird dabei gerne ignoriert.

Woran wird der Verdacht für Cancellaras Motordoping festgemacht? Als erster Punkt wird immer die unglaubliche Beschleunigung bei den Attacken und die schiere Dominanz Cancellaras angeführt. Beleg hierfür sind die Fernsehbilder, die zeigen wie schnell er nach seiner Attacke den Vorsprung ausbaut und vor allem wie flüssig sein Fahrstil wirkt. In dem Video unten werden noch “verdächtige” Handbewegungen herausgehoben, bei denen der Motor angeblich aktiviert wurde. Wir wissen nicht, was die Videoproduzenten dort sehen, aber er schaltet schlicht an Stellen, wo es auch sinnvoll ist.

Des Weiteren wird angeführt, dass er auffällig oft die Räder ohne erkennbaren Defekt gewechselt hat. Auch das ist im Profizirkus nicht unüblich. Es kommt öfters vor, dass für bestimmte Streckenabschnitte auf besser geeignetes Material gewechselt wird. So wechselte Ullrich bei der 2000er Tour auf der 16. Etappe für die Abfahrt auf ein anderes Rad.

Es bleibt somit nur die für unmöglich gehaltene Leistung Cancellaras. Aber ist sie so unvorstellbar und einzigartig? Nein. Um vergleichbare Leistungen bei Flandern und Roubaix zu finden, muss man nicht einmal weit zurückblicken. 2002 gewann Johan Museeuw mit einer ähnlichen Leistung in Roubaix. Knapp 40 km vor dem Ziel setzte er sich damals ab. Allerdings fuhr Musseuw einen deutlich dickeren Gang, was nicht so flüssig und elegant aussieht, wie beim Schweizer. Der Raumgewinn war bei Museeuw nicht weniger beachtlich und er fuhr bis zum Ziel mehr als 3 Minuten auf Steffen Wesemann und Tom Boonen heraus, die bei Klassikern sicher keine Laufkundschaft waren.

Wer auf Youtube stöbert, kann sich auch Museeuws Sieg bei der 98er Flandernrundfahrt ansehen. Seine Attacke sieht auch hier nicht sonderlich elegant aus, ist aber durchaus mit denen Cancellaras vergleichbar. Allerdings gab es im Jahr 2002 bei Gent-Wevelgem einen wenig beachteten Zwischenspurt von Marion Cipollini, der die zuvor genannten in den Schatten stellt. Michele Ferrari zeigte sich damals beeindruckt und wertete die Sequenz aus. Er kam zu dem Schluss, dass Cipollini eine Minute mit 900 Watt fahren musste, um die Führenden so schnell einzuholen. So wirklich einleuchten will es also nicht, was die Motorgläubigen vorbringen, aber das ist bei den Mondlandungszweiflern ja nicht anders.

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